Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hat nun wieder einmal so ein Urteil gefällt, das auch hinsichtlich des drohenden NPD-Verbotes nichts Gutes in Aussicht stellt. Zwar muß man den ersten Teil der Entscheidung loben, der da lautet, daß wer den türkischen Völkermord an dem Volk der Armenier im Ersten Weltkrieg leugnet, von der gesetzlichen Meinungsfreiheit in Europa geschützt ist. Wenn es jedoch um Meinungen zu geschichtlichen Vorkommnissen im historischen Nationalsozialismus geht, wird das freie Wort weiter gerichtlich massiv beschnitten, was nachwievor eine rechtsstaatliche Auffassung ad absurdum führt.
Das Recht, "offen über sensible Themen" zu debattieren, sei ein wesentlicher Aspekt der Meinungsfreiheit, sagten die Richter. Dies gilt ihrer Ansicht nach aber nur für den Völkermord an den Armeniern, die einst Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts von Türken brutal abschlachtet wurden. Als Kläger in Straßburg trat ein Vorsitzender einer kleinen türkischen Linkspartei auf. Dieser hatte bereits 2005 bei drei Konferenzen in der Schweiz den Völkermord an den Armeniern als "internationale Lüge" bezeichnet. Dafür wurde er zwei Jahre später in Lausanne zu einer Geldstrafe wegen der Leugnung eines Völkermordes aus "rassistischen Gründen" verurteilt. Das Urteil wurde nun jedoch mit der Straßburger Entscheidung aufgehoben.
In ihrem Urteil machte der Europäische Gerichtshof aber auch deutlich, daß der hier verhandelte Fall sich von so genannten „Leugnen des Holocausts“ massiv unterscheiden würde. Die im historischen Nationalsozialismus begangenen Verbrechen, so die Richter weiter, seien historisch verbürgt und im Übrigen von einem internationalen Gericht, dem Nürnberger Kriegsverbrechertribunal, festgestellt worden. Sie bestätigten damit also noch einmal die Sondergesetzgebung Europas in dieser Angelegenheit.
Was die Nürnberger Tribunale allerdings an tatsächlich rechtsstaatlichem Wert besitzen, beantwortet alleine schon die Tatsache, daß die Verteidiger-Plädoyes vorab zur Zensur der Anklage vorgelegt werden mußten. In den so genannten Nürnberger Prozessen wurde desweiteren auch der Mord an Tausenden polnischen Offizieren 1940 in den Wäldern von Katyn abgeurteilt und den deutschen Angeklagten angelastet. Doch schon lange vor, während und nach dem unrechtsstaatlichen Nachkriegstribunal wurde jedoch international bereits der Beweis dafür erbracht, daß die Polen durch Angehörige des sowjetischen Volkskommissariats für Innere Angelegenheiten (NKWD) ermordet wurden.
Erst unter dem russischen Präsidenten Gorbatschow und seiner Perestroika-Politik öffnete man die Akten zu dem Fall Katyn und die Hinrichtung der polnischen Streitkräfte gab man somit auch offiziell in Rußland zu. Auf eine Rehabilitation der in Nürnberg teilweise zum Tode verurteilten Angeklagten wartet man bis heute jedoch vergebens.
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