"AN Göppingen"-Prozess: 37. bis 39. Prozesstag

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Im Folgenden berichten wir über die Verhandlungstage im "AN Göppingen"-Prozess vor dem Stuttgarter Landgericht (wir berichteten). Gegen vier Angeklagte wird aufgrund des Tatvorwurfs der "mitgliedschaftlichen Beteiligung in einer kriminellen Vereinigung in einem besonders schweren Fall" u.a. ein politischer Schauprozess geführt. Noch immer schmoren zwei der Angeklagten seit dem 26. Februar 2014 in den Kerkern des hiesigen Systems.

37. Prozesstag – 06.07.2015

Am 37. Prozesstag war der Kriminalhauptkomissar Gerd M. vom LKA Baden-Württemberg geladen, der als eine der Hauptpersonen in die §129-Ermittlungen eingebunden war. Er äußerte sich zu einer von ihm geleiteten Zeugenvernehmung, in der im vergangenen Jahr eine weibliche Umfeldperson befragt wurde, die im Rahmen der aktuellen Hauptverhandlung nach §55 StPO jedoch die Aussage verweigerte. Da die Zeugin jedoch nur sporadisch und oberflächlich Kontakt zu den Angeklagten und zum mutmaßlichen "AN GP"-Umfeld hatte, beschränkten sich ihre bei der Polizei getätigten Aussagen auch auf vermeintliche Kenntnisse, die sie über Dritte vom Hören-Sagen erlangte. Der KHK M. gab sich jedoch redlich Mühe, dies derart wiederzugeben, dass die Mutmaßungen der Zeugin als Tatsachen zu verstehen seien. Insgesamt zeigte sich einmal mehr, wie einseitig die vorgegebenen Fragen bei Zeugenvernehmungen durch das LKA abgearbeitet wurden und für die Herrschaften der Staatsschutzabteilung bereits klar war, dass die "AN Göppingen" eine sogenannte "kriminelle Vereinigung" darstellten; es ging nicht mehr um ergebnisoffene Ermittlungsarbeit, sondern um das Herauspicken vermeintlich belastender Mutmaßungen.

Es folgten anschließend weitere, weniger umfangreiche Zeugenaussagen von diversen Polizeibeamten unterschiedlicher Dienststellen und Polizeireviere. Diese betrafen unter anderem eine Fahrzeugkontrolle im Vorfeld der antikapitalistischen Demo im Oktober 2013 oder eine von der Sprecherin der "MLPD" (Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands) gestellte Anzeige vom August 2013, als mehrere Wahlplakate der Kommunisten in Göppingen von Unbekannten zerstört wurden.

Abschließend erschien noch ein Zeuge, der dem weiteren Umfeld der "AN GP" zugerechnet wurde, welcher daher folglich von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machte.

38. Prozesstag – 07.07.2015

Der 38. Prozesstag begann mit der Zeugenbefragung des Polizeioberkomissars S., der als Hauptverantwortlicher beim LKA das §129-Ermittlungsverfahren leitete. Der POK äußerte sich zu der im Mai 2014 über mehrere Tage andauernden Vernehmung des Angeklagten Daniel Reusch.

Der Beamte berichtete, dass Reusch an drei Vernehmungstagen zahlreiche Angaben machte: beginnend mit dem Kennenlernen der anderen Angeklagten, dem weiteren Verlauf bis zu ersten Aktionen und Demonstrationen, von Partys und dem in der Anklageschrift als "Vereinssitzungen" bezeichneten regelmäßigen Treffen. Auch zu einzelnen Straftaten (Zeitraum Anfang 2010 bis Anfang 2014) wurde Daniel Reusch befragt und machte hierzu zwar umfassende Angaben, vieles mutet aber eher dem Beliebigkeitsprinzip an, wenn er behauptete, Aufkleber- oder Sprühaktionen konkret zuordnen zu können, zumal diese vielfach Jahre zurückliegen und Reusch selbst oftmals der Polizei gegenüber in seiner Vernehmung angab, nur zu glauben, dass dieses und jenes Person X und Person Y gewesen seien.

Bis heute ist es schwer nachvollziehbar, wie aufgrund bloßer Vermutungen einer einzigen Person diverse Taten in die Anklageschrift aufgenommen wurden. Es gibt wohl nur wenig Hauptverhandlungen, bei denen Delikte Einzug in den Prozess finden, aufgrund von schwammigen Aussagen wie "Das war Person X, da der da lang gefahren ist". Die polizeilichen Ermittlungen wurden jeweils gegen Unbekannt geführt und schließlich eingestellt; die eingestellten Verfahren jedoch nach den geäußerten Vermutungen des Quatschers Daniel Reusch wieder aufgenommen.

Nach der Vernehmung des LKA Beamten S. folgte die Aussage eines Polizisten aus Thüringen, der im vergangenen Jahr eine Person befragte, die zum Umfeld der "AN Göppingen" gerechnet wurde, zwischenzeitlich jedoch wieder in Thüringen wohnhaft ist. Der Beamte berichtete, dass man mit dem Zeugen einen vom LKA Baden-Württemberg erstellten Fragenkatalog durchging.

Abschließend folgte die Ankündigung, dass es von den zwei inhaftierten Angeklagten in Kürze Einlassungen geben wird.

39. Prozesstag – 09.07.2015

Nachdem zunächst ein Polizeibeamter des Reviers Göppingen seine Aussage zum Vorfall am 19.11.2013 vor dem Rathaus in Göppingen tätigte (damals sollen unter anderem Chris St. und der linke Fotograf Andreas Scheffel beleidigt und bedroht worden sein), folgte eine Kriminalhauptkomissarin des LKA Baden-Württemberg. Diese gab den Ablauf und den Inhalt einer von ihr geführten Beschuldigtenvernehmung vom Februar 2014 wider. So gab der Beschuldigte unter anderem an, dass er lediglich drei Kontakte zum Umfeld der "AN Göppingen" gehabt habe, von regelmäßigen Treffen nichts wisse und er weder von Gewaltaufrufen noch von diskriminierenden Äußerungen gegenüber Minderheiten etwas wisse.

Es betrat danach die 66jährige Renterin Christel Beck als "öffentliche Sprecherin des Ortsverbandes Göppingen der Marxistisch-Leninistischen Partei Deuschlands (MLPD)" den Zeugenstand. Sie wurde zu von ihr gemeldeten zerstörten Wahlplakaten im August 2013 befragt. Die Kommunistin gab an, dass im Bereich der Christian-Grünninger-Straße in Göppingen circa zehn bis zwölf MLPD-Wahlplakate zerbrochen worden seien. Außerdem hätten sich darauf Aufkleber befunden, die zur nationalen Demonstration am 12.10.2013 in Göppingen aufriefen. Den entstandenen Sachschaden schätzte sie auf zwei bis drei Euro pro Plakat, wobei es sehr fraglich erscheint, ob eine bedruckte Pappe in Großauflage tatsächlich diesen Wert hat.

Befragt danach, ob sie oder ihre Partei ansonsten einmal mit den "Autonomen Nationalisten Göppingen" zu tun hatten, verneinte sie dies. Das ist insofern erstaunlich, da eine "marxistisch-leninistische Partei" wohl das ideale Feindbild und Angriffsziel darstellen würde, wenn sich die mutmaßlichen "AN GP"-Anhänger tatsächlich "im politischen Kampf im Stil der SA zu Zeiten der Weimarer Republik" wähnten, wie dies die Anklagebehörde zu unterstellen versucht.

Im weiteren Verlauf des Prozesstages folgten unter anderem noch Polizeibeamte, die zu einzelnen Vorkomnissen befragt wurden, sowie zwei Personen die als mögliche Umfeldpersonen über ein umfassendes Aussageverweigerungsrecht verfügten und sich auch darauf beriefen.

Zeigt euch auch weiterhin solidarisch und schreibt den beiden inhaftierten und standhaften Kameraden, oder besucht den Mammutprozess in Stuttgart. Auf der Netzseite des Landgericht Stuttgart findet ihr die aktuellen Verhandlungstermine. Wer die beiden Nationalisten hinter Gitter finanziell unterstützen oder ihnen schreiben möchte, kann sich gerne mit uns in Verbindung setzen. Kontakt: der-dritte-weg(at)gmx.net

Wie immer gilt auch hier: Jeder Betrag hilft das erfahrene Unrecht zu lindern!

Solidarität ist eine Waffe – Freiheit für alle Nationalisten!
 

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