BRD schützt „national wertvolle“ Kunst – wie bitte?

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Ein Reizwort ist in die kulturpolitische Einöde gefallen. „National wertvolle“ Kunstwerke sollen nicht ins europäische oder gar überseeische Ausland verkauft werden. So bestimmt es das „Kulturgutschutzgesetz“, das Ministerin Monika Grütters (CDU) jetzt erneuert hat. Die Reaktionen sind teils ärgerlich, so bei Sammlern und Händlern, teils antifaschistisch entsetzt. Soll hier etwa eine „deutsche Kunst“ von Staats wegen gefördert werden wie in den „unseligen Zeiten“?

Das Wunder werden wir nicht erleben. Bei näherem Hinsehen geht es hier um „nationale“ Kunst nur in einem formalen Sinn. Gemeint sind Bilder, die seit mindestens 70 Jahren in deutschen Museen hängen, egal ob sie von deutschen Künstlern stammen oder von Franzosen oder Italienern. Und erst recht gleichgültig, ob sie dem Gehalt nach „deutsch“ und daher „wertvoll“ sind. Mindestens 300.000 Euro sollten die Bilder kosten, dann fallen sie unter das Gesetz, das sozusagen den kunsthistorischen Standort Deutschland schützen und vor dem Ausverkauf bewahren soll. Das ist auch schon eine löbliche Absicht.

Ein ähnliches Gesetz wurde erstmals 1919 erlassen. Damals waren die deutschen Museen gut bestückt aus der wilhelminischen Zeit. In der Wirtschaftskrise jedoch gingen die Länder daran, die Bilder zwecks Auffüllung ihrer Kassen einfach zu verscherbeln. Und das gleiche tun klamme Kommunen heute wieder, wenn sie einen Dürer oder einen Monet in ihrem Museum entdecken. Hier soll das Gesetz einen Riegel vorschieben und verhindern, daß ewiges Kulturgut geopfert wird, um kurzfristig Schlaglöcher zu stopfen. Es richtet sich aber auch gegen private Sammler und ihre Spekulationswut. Gemälde dienen immer öfter als reine Geldanlage und wechseln von Kontinent zu Kontinent. Auch das dürfte jetzt schwieriger sein.

Strittig ist die Auswahl der „national wertvollen“ Objekte. Es gibt eine Liste, auf der jedoch nur 3.000 Werke verzeichnet sind, zentral wichtige Bilder fehlen. Bei anderen ist die Zugehörigkeit wenig überzeugend wie bei einer Elvis-Darstellung von Andy Warhol. Die gehört doch wohl eher nach Amerika. Bedauerlich finden es hingegen Kunstfreunde, daß Gerhard Richters Zyklus zur RAF, 1988 gemalt, schon 1995 nach New York verkauft wurde. Deutscher Künstler, deutsches Thema, hier sollte das Gesetz auch vor der Frist von 70 Jahren greifen.

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