Nachdem in der Fahrzeughalle des Technischen Hilfswerks (THW) des Ortsverbands Wetzlar zur Unterbringung von bis zu 500 Asylanten geräumt wurde, trat fast der komplette Ortsvorstand von allen Ämtern zurück. Zahlreiche Mitglieder traten umgehend aus dem THW aus.
Am Freitag Nachmittag veröffentlichte Räumungsanordnung Integrationsminister Stefan Grüttner (CDU). Inoffiziell soll am Donnerstagabend die Stadt Wetzlar sowie der THW-Ortsbeauftragter Jörg Velten informiert. Dieser versuchte mit allen Mitteln die schier unfassbare Räumungsaktion abzuwenden. Aber anstatt ihn bei seinem Anliegen zu unterstützen, wurde ihm sinngemäß von der THW-Führung dargelegt, dass das THW auf solche Führungskräfte in einer solchen „Notlage“ verzichten könne. "Das Verfahren ähnelt einer Enteignung." So reagierte die THW-Führung aus Wetzlar auf die am Freitag Nachmittag erteilte Verfügung.
Im Gespräche mit Mittelhessen.de erklärte der langjährige THW-Ortsbeauftragte Jörg Velten "Sowohl die Vorgehensweise der politischen Gremien als auch das Verhalten der THW-Leitung auf Landes- und Bundesebene hätte ich nicht für möglich gehalten". Neben Velten sind weitere THW-Urgesteine des Ortsverbandes zurückgetreten: "Damit", so Velten, "stehen rund 150 Jahre Erfahrung im Katastrophenschutz nicht mehr zur Verfügung." Auch viele Mitglieder folgten ihren Führungskräften und traten aus dem THW aus. Die Einsatzbereitschaft des Ortsverbandes liege laut dem Schatzmeister gerade einmal noch bei 50%.
Durch die Entscheidung des Ministeriums, die Fahrzeughalle als Asylantenheim umzufunktionieren, entziehe er den THW Männer und Frauen den regelmäßigen Treffpunkt. Der bis dahin so gute Zusammenhalt werde nachhaltig gestört. Das ist, als würde man einem Fußballclub das Vereinsheim wegnehmen, schimpfte ein THW-Mitglied gegenüber mittelhessen.de .
Parallel zur „Zwangsenteignung“ kam es in dem schräg gegenüberliegenden Asylcamp zu einer Protestkundgebung mit rund 50 Albanern. Diese verlangten den sofortigen Transfer für sich und ihre Familien in eine andere Unterkunft, schließlich seien diese schon 90 Tage in Wetzlar. Auf Anfrage von mittelhessen.de erklärte eine Sprecherin des Regierungspräsidiums Gießen bzgl. der Verzögerung. „Es gebe in dem Lager Hepatitis-A-Erkrankungen. Aufgrund der begrenzten medizinischen Möglichkeiten dauere die Untersuchung der Flüchtlinge. Erst nach dieser Untersuchung könne eine Verlegung in die Wege geleitet werden.“ Dabei sollen doch angeblich alle Personen aus sicheren Drittstaaten, wie zum Beispiel Albanien, erst gar nicht eine Erstaufnahmeeinrichtung verlassen und nach Ablehnung des Asylantrages abgeschoben werden.
„Am Freitag den 11.09.2015 erhielten wir den Einsatzauftrag unsere Fahrzeughalle zu räumen, da diese ab dem kommenden Wochenende als Flüchtlingscamp genutzt wird. Es sollen bis zu 500 Flüchtlinge hier Platz finden. Am Abend wurde die Fahrzeughalle durch andere Ortsverbände geräumt. Die Fahrzeuge und das Einsatzmaterial sind nun verteilt bei der THW Geschäftsstelle Giessen, dem DRK Wetzlar und zum Teil noch auf unserem Gelände untergebracht. Seit dem Morgen richten Feuerwehr, Malteser, DRK und die Bundeswehr die Unterkunft ein.“
Quelle: Pressemitteilung des THW Wetzlar
Feuerwehrführung ebenfalls gleichgeschaltet
Die Kritik an der Einquartierung von Asylanten in der Landesfeuerwehrschule Kassel hat den hessischen Vorsitzenden der Deutschen Feuerwehr-Gewerkschaft (DFeuG) Dirk Ruzicka das Amt gekostet. Er musste unter dem Druck des Bundesvorstands zurücktreten. Ruzika hatte die geplante Unterbringung von 400 Asylanten in einer Halle der Feuerwehrschule im Namen aller bei der DFeuG organisierten Gewerkschaftsmitglieder abgelehnt, da somit eine Ausbildung nur noch erschwert möglich sei. Eine stets nutzbare Einrichtung sei für die Sicherheit aller Hessen unabdingbar, so Ruzicka weiter.
Kritik an Überfremdung darf es nicht geben
"Es muss mit größtem Bedauern und Entsetzen festgestellt werden, dass ein Einzelner seine Meinung abgegeben hat und dabei Bezug nimmt auf die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft", veröffentlichte der Bundesvorstand. Es sei unerklärlich, weshalb Ruzicka die DFeuG ohne Abstimmung in seinen Protest einbezogen habe. Der Bundesvorstand zeigte sich "beschämt", dass ein einzelnes Mitglied das soziale Engagement der gesamten Feuerwehrgewerkschaft infrage stelle. Die DFeuG sei der festen Auffassung, dass der humanitäre Einsatz allen Flüchtlingen zugute kommen müsse und unverzichtbar sei.