Der Ex-Vorstandsreferent einer der größten deutschen NGOs im Sozialwesen, Peter Backfisch, hat schwere Vorwürfe gegen die Branche erhoben. In einem Interview mit der Wochenzeitung „Junge Freiheit“ äußerte sich der Diplom-Sozialarbeiter besonders kritisch über die Hinterziehung von Fördergeldern, verfehlte Sozialarbeit und den Einzug einer durchgängig linksideologischen Hegemonie.
Die soziale und berufliche Bildungsarbeit in Deutschland ist dafür ausgelegt, Menschen in Notlagen oder in schwierigen Sozialsituationen zu unterstützen. Einen erheblichen Teil dieser Arbeit leisten dabei Wohlfahrts- und Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die keine Gewinnziele verfolgen und sich rein für soziale und gesellschaftliche Zwecke einsetzen. Zumindest in der Theorie. Dass es in der Praxis anders aussieht, zeigte die jüngst in die Schlagzeilen gekommene Arbeiterwohlfahrt Frankfurt. Zwischen den Jahren 2015 und 2019 kam es hier zu einem Skandal in Millionenhöhe. So hatten sich der frühere langjährige Geschäftsführer Jürgen Richter, seine Ehefrau und einige andere Funktionäre selbst ein geradezu „phantastisches Jahresgehalt“ von 300.000 Euro ausgezahlt. Da weiter zurückliegende Jahre noch nicht untersucht worden seien, könnte der Schaden sogar noch steigen (siehe auch: Neues vom AWO Skandal und AWO Skandal weitet sich auf Thüringen aus).
Carlo Schmid würde sich „im Grabe umdrehen“
Doch dies ist erst die Spitze des Eisbergs. Knapp 1.3 Millionen Euro entfielen auf teure Dienstwagen und Gehaltszahlungen an SPD-Nachwuchspolitiker. „Auch wenn es in Frankfurt und Wiesbaden besonders schlimm gewesen sein mag, Verhältnisse dieser Art sind in der Branche weit verbreitet“, so Peter Backfisch in einem Interview mit der „Jungen Freiheit“. Backfisch, der selbst fast 40 Jahre beim internationalen Bund e.V. (IB), dem führenden deutschen Träger für berufliche Bildung beschäftigt und später europapolitischer Referent des Vorstandschefs war, kritisierte die Selbstbedienung der Politiker und die Vetternwirtschaft aufs Schärfste: „Einem 33-jährigen SPD-Nachwuchspolitiker zahlte die dortige AWO rund 100.000 Euro im Jahr plus Dienstwagen, der Tochter eines CDU-Stadtrats 3.400 Euro Gehalt, ohne dass eine Gegenleistung nachweisbar war.“ Eine nur 30-jährige SPD-Stadträtin wäre zudem zur Abteilungsleiterin der AWO befördert worden, obwohl sie über keinerlei Berufserfahrung in diesem Bereich verfügt habe.
„Während die Gehälter einfacher Mitarbeiter gekürzt werden, beziehen die Vorstände großer NGOs durchschnittlich zwischen 150.000 und 200.000 Euro im Jahr“, so Backfisch in dem Interview. „Ich habe lange hinter die Kulissen geschaut und sage: Wüsste Carlo Schmidt, der 1949 den IB gegründet hat, was dort heute vor sich geht, würde sich die SPD-Ikone im Grabe umdrehen.“
„Die Klientel verschiebt sich mehr und mehr hin zu Migranten“
Beim Thema Jugendförderung und internationalem Jugendaustausch sprach Backfisch von „Verrat“. Das hehre Ziel dieser Fördermaßnahmen sei es, vor allem Jugendliche aus „prekären familiären Verhältnissen“ zu unterstützen, die sonst kaum eine Chance für Auslandsreisen hätten. Den Wohlfahrtsorganisationen sei es egal, ob der Jungendaustausch seine Ziele nicht erreiche, es gehe den NGOs schon lange nicht mehr um die Vermittlung von Bildungsinhalten, sondern nur darum, die Anwesenheitsliste abzuhaken und beim Job-Center die Teilnehmer abrechnen zu können. „In meinen Augen ist die Förderung ‚dank‘ der sozialpolitischen Fehler des Staates zur Abzocke zum Vorteil der Träger auf Kosten der Steuerzahler und gegen die Interessen der Betroffenen geworden.“ Der IB bezeichne sich selbst traditionell als „Anwalt der Hilfsbedürftigen“, doch bezogen auf die ursprüngliche Klientel, deutsche Jugendliche, würde dies heute nicht mehr geäußert. „Die Klientel verschiebt sich mehr und mehr hin zu Migranten“, so Backfisch. „Die für die Integration so wichtige Vermittlung der vielgepriesenen interkulturellen Kompetenz findet oft gar nicht statt.“
Er selbst hätte erlebt, wie in einem einstündigem Deutschkurs kein einziges deutsches Wort gefallen wäre (siehe auch AWO-Flirtkurs für Asylanten). Wichtiger sei inzwischen in den NGOs das Durchdrücken einer gesamten linken Agenda: Gender, Fridays for Future, Black Lives Matter – die Liste ist lang. Teilweise sollen sogar bezahlte Mitarbeiter für linksextreme Demonstrationen vom Arbeitgeber freigestellt worden sein; bezahlte Maßnahmen von der Bundesagentur für Arbeit hätte man schlichtweg entfallen lassen. Schließlich demonstriere man ja für das Klima.
Freie Bahn für linksextreme Propaganda
Dass sich das linksideologische Gesinnungsdiktat wie ein Karzinom inzwischen auch durch deutsche Bildungseinrichtungen gefressen hat, zeigen Backfischs Interview-Antworten in Bezug auf das Thema Asyl und Integration. „Wer Gender oder das Klima ernsthaft anzweifelt oder widerspricht, kriegt Druck“. Asyl sei in Deutschland immer mit „Flucht vor menschenunwürdigen Zuständen“ begründet, Einwanderung sei immer „bereichernd“, Migranten stets „Opfer der Verhältnisse“ und „Schiffsbrüchige“ müsse man immer nach Europa bringen, alles andere sei „menschenrechtswidrig“. Wer etwas anderes behaupte oder Dinge hinterfrage, würde als nicht zurechnungsfähig oder schlimmer diffamiert. „Das ist das wahre Gesicht der postulierten Vielfalt“, so Backfisch. In seinen Augen hätte die Asylkrise 2015 dazu geführt, dass in der Branche das eigene Personal für politische Zwecke eingespannt worden wäre. Eine Dysbalance der Meinungsfreiheit, die durch einen linksliberalen Anti-Patriotismus zur permanenten Selbstkasteiung und Stummschaltung der Deutschen führt. So wundert es nicht, dass Meldungen über gewalttägige Aktionen von Terroristen der sogenannten Antifa von seinen Kollegen als „wohlwollend“ betrachtet worden seien. „In Diskussionen gab es sogar Verständnis für diese, schließlich treffe es das ‚rechte Milieu‘, und manche Kollegen nannten das gar ‚wehrhafte Demokratie‘“.
Ein Fazit fällt Peter Backfisch äußerst schwer. Zwar sei die Branche seit jeher „links“ gewesen, aber früher in einem sozialdemokratischen Sinn des Lehrens und Lernens in der Tradition der Arbeiterbildung. Dies hätte sich inzwischen völlig verändert. „Sozial Schwache werden als Klientel nun durch Migranten, Frauen, LGBTQ und ‚People of Color‘ ersetzt. Andere Meinungen gelten seitdem als ‚antidemokratisch‘“. Ob eine Reform der Branche noch möglich wäre? Nein! „Dafür müsste sich der Zeitgeist ändern.“