Von der Pflicht, gesund zu sein (Teil 1/4)

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Bedächtig und dennoch mit einem fühlbar leicht erhöhtem Puls blättere, schaue und lese ich im Inhalt des Buches, welches sich wie ein Lichtstrahl aus einer anderen Welt anfühlt. Die Seiten sind etwas vergilbt und geben einen Duft preis, den meine Sinne als altertümlich, aber nicht veraltet aufnehmen. Was allein die Bilder dieses Buches in mir auslösen, ist mehr als es all die darin enthaltenen Worte vermögen, wenngleich das Niedergeschriebene die eigene Fantasie beflügelt und den physisch sichtbaren Bildern neue Erscheinungen im Geiste hinzufügt.

Ich sehe lachende und ernste Gesichter. Wind- und wettergegerbt. Sonnenberührt und von einer natürlichen Schönheit erfasst. Von Anmut geküsst. Und in den Zügen alle Elemente von Mutter Natur vereinend, so als wäre der Menschenschlag, welcher diese Gesichter trägt, direkt von Ihr gezeugt und ihrem Schoß entstiegen. Ich sehe lichtdurchflutete Gesichter voller Wärme und Frohsinn, voll des Tatendranges und der tiefentspannten Gelassenheit, aber auch der unbarmherzigen und eisigen Härte, wie sie einem im Auge des Sturmes tiefe Furchen in die Stirn zu reißen imstande ist. Das eiserne Funkeln eines unbändigen Willens, der geschickt die Schwarz-Weiß Aufnahme der Bilder umgeht und den ein jeder kennt, der schon einmal am letzten Anstieg zum schneebedeckten Gipfel stand, der peitschenden Wettergewalt trotzend und nur das Ziel, den Sieg, vor jenen Augen hat, welche genau dieses eiserne, scharfe Funkeln eines unbesiegbaren Willens reflektieren.

Ich sehe vollkommene Körper voller Eleganz und Ästhetik. Eine Symbiose aus weiblicher Zier und sportlicher Dynamik, welche dem ruhenden Bild so manche Bewegung entlockt. Ich sehe Blicke aus Stahl, welche mit fester Miene die selbst geschaffene fleischliche Festung krönen, die sich aus gemeißelten und geschliffenen Muskeln zusammensetzen, als organisches Bollwerk und errichteter Schutzwall, den darin wohnenden gesunden Geist zu hüten, zu schirmen und zu verteidigen.

„Ein gesunder Geist“, so denke ich mir. Und wie von selbst kommt es mir über die Lippen.

„Ein gesunder Geist, behütet vom Bollwerk, erschaffen aus dem eigenen Körper.“

Wie selbstverständlich und unbeschwert die anmutigen Mädel und kräftigen Burschen ihre Körper in der Gemeinschaft formen. So als ob ihre Gesundheit und ihre vor Urkraft strotzenden Leiber nicht durch harte Körperzucht und energische Disziplin zustande gekommen, sondern so natürlich und beständig ein Teil des täglichen Lebens sind wie die Natürlichkeit der Wiederkehr von Tag und Nacht. Ihr Vermächtnis, ihre Bilder legen Zeugnis ab von einer Welt, in der das Edle, Reine, Starke und Gesunde auf den Thron des menschlichen Daseins man erhob. Eine Welt, in der man das Kranke gar nicht zu bekämpfen brauchte. Es konnte in ihr ohnehin keine Wurzeln schlagen und wollte es sich dennoch ausbreiten, um sich mindestens metastasenartig in den Fugen eines errichteten körperlichen Bollwerkes festzusetzen, so starb es auf die gleiche Art und Weise ab, wie alles Kranke, dem man mit Willen und der Pflicht zur Gesundheit entgegentritt.

„In einer Welt der Gesundheit hat all das Kranke keinen Bestand. In dieser Zeit des völligen Zerfalls gewinnt das Kranke die Überhand.“ Wieder formen meine Lippen die Gedanken zu gesprochenen Wörtern, welche an den grauen und schimmelnden Wänden der Gegenwart dieser Endzeit widerhallen.

So leicht es auch ist, abzutauchen in ein goldenes Zeitalter, dessen letzte Kraft- und Sonnenstrahlen durch Bücher wie jenes, das in meinen Händen liegt, in das Dunkel des mich umgebenden morschen Weltengebälks hineinleuchten, so schnell verblasst seine Energie im Nebel der gegenwärtigen Dekadenz und der Degeneration, wenn das Buch sich schließt und der raue Umschlag die vergilbten Seiten schützt und ihren Inhalt abschirmt wie die darin enthaltenen, abgebildeten körperlichen Festungen ihren gesunden Geist hüten und verteidigen.

Denn sobald meine Hände das eine Buch, die Tür zur Vergangenheit und damit zur Gesundheit schließen, dessen Botschaft nunmehr belächelt, gehasst und verfolgt wird, schlägt die andere Tür auf, hinter der sich die Hydra des Chaos mit all ihren Boten der Krankheit, der Schwäche, mit all den Metastasen festgesetzt hat, welche im Reich des goldenen Zeitalters durch das Feuer der Volksgesundheit verzehrt worden wären, bis nichts mehr davon übrig bliebe als ein stinkender und qualmender Haufen Asche.

Die positiven Schwingungen des Buches werden immer leiser, je weiter ich mich von ihm entferne, übertönt durch das schrille Gebrüll der Hydra, deren fetter Leib und deren aufgedunsene Köpfe samt der unzähligen rötlich-blutig aufgequollenen Augen mein erlangtes eisernes Funkeln in meinen Blicken zu trüben drohen.

Ihre Worte sind wie Gift in meinen Ohren, ihre fauligen Mäuler speien mir eine einzige Kloake und Gülle voller Krankheiten vor die Füße, deren Nährboden sich zusammensetzt aus den Eingeweiden bestialisch zerfleischter und abgeschlachteter Tiere, Millionen von Flaschen, welche das Nervengift Ethanol in sich bergen, mit alltäglichen Namen wie „Alkohol“ und „Feierabendbier“ versehen und Bergen von Zigaretten, die brennen und rauchen ohne Unterlaß, gräulich-blaue Wolken und Dämpfe erzeugend, welche die letzten Sonnenstrahlen verdunkeln und gierig von den zahnlosen, aber zahlreichen und schmatzenden Mäulern aufgesogen werden.

Noch einmal schaue ich zurück auf das Buch, das eine völlige Gegenrealität zur bestehenden Unordnung darstellt. Ich schaue zurück und frage mich:

„Habe ich denn nach all der Erkenntnis über die Pflicht zur eigenen Gesundheit das vermeintliche Recht und überhaupt den Sinn, mich in den Strudel des Konsums, der Maßlosigkeit und Völlerei, der Trunkenheit und des Rauchens zu begeben, was einem Bad in erbrochenen Krankheiten gleichkäme? Will ich meinen Körper zu einer Festung für den Schutz meines Geistes ausbauen oder ihn zu einem Friedhof und zur Leichenvernichtungsmaschine deformieren und verkommen lassen, die mich übersäuern, verfetten und von innen heraus verfaulen lässt?

Ich nicke dem Geiste des Buches zu und werfe einen verächtlichen Blick in die verformten, fetten und mit Geschwüren übersäten Fressen dieser volkszersetzenden Hydra und weiß: Ich habe meine Entscheidung getroffen. Ich habe meinen Weg gewählt. Ich werde mich selbst überwinden und den Kampf aufnehmen gegen dieses versoffene, rauchende, mit Pillen und Impfungen vollgepumpte, übersäuerte, faulende und stinkende Krankheitssymptom, das da zu wandeln wünscht auf den Spuren des Göttlichen.

Denn ich weiß: „Ich habe die Pflicht, gesund zu sein!“

 

Fortsetzung folgt…

1 Kommentar

  • Jeder säuft sich sein Leben schön und das mit Begeisterung. Und nur alleine im Rausch liegt die Stärke.

    Wilhelm 15.03.2021
  • Diesem Artikel ist voll und ganz zuzustimmen, da es um die göttliche Gesundheit geht. Allerdings würde ich auch sagen, dass die Einteilung zwischen „links“, „rechts“ und „mitte“ eine Ablenkung ist, den Deutschtum ist jenseits davon. Das sollte gesagt werden für die, die es nicht besser wissen. Dennoch freue ich mich auf den nächsten Artikel!

    Nils Weber 15.03.2021
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