Insgesamt vier Verhandlungstage dauerte der sogenannte "Pentagon-Prozess" am Deggendorfer Landgericht an. Angeklagt war der 30-jährige Johann G., welcher auf den Spitznamen "Joe" hört und aus der Donaustadt kommt. Dieser hatte im Zeitraum zwischen Sommer 2014 und November 2015 seine 12-jährige Nichte sowie deren 14-jährige Freundin zahlreich sexuell missbraucht. Am 26. Juli 2016 wurde nun das Urteil gesprochen. Der angeklagte und bereits auch massiv vorbestrafte Familienvater wurde zu acht Jahren Haft mit anschließender optionaler Sicherungsverwahrung verurteilt. Die Sicherungsverwahrung würde bei einer letzten Haftprüfung in Kraft treten, wenn sich der Sextäter während seines Vollzuges nicht therapiebereit zeige.
Die Kammer unter dem Vorsitz von Landgerichts-Vizepräsidentin Richterin Gisela Schwack sah die Tatvorwürfe als erwiesen an. Unter anderem musste sich der Angeklagte in 19 Fällen des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, 15 Fällen des schweren sexuellen Missbrauch von Jugendlichen sowie dem Anfertigen von Kinderpornografie verantworten. Der Angeklagte gestand bereits am ersten Verhandlungstag die Geschehnisse, zeigte jedoch nur wenig Reue.
Bedrohung, Angst, Missbrauch: Die "Miss Pentagon"-Geschichte
"Joe" erdachte sich ein Lügenkonstrukt und ging hierbei gezielt vor. Mit einem Zweithandy schickte er Nachrichten an seine 12-jährige Nichte und erzeugte eine Kulisse aus Bedrohung und Angst. Das Kind müsse demnach einer "Miss Pentagon" gehorchen, die mittels Mobiltelefon-, Kamera- und Satelitenüberwachung ständigen Zugriff zum Opfer hat. So musste sie schließlich "Aufgaben" erledigen, da sonst ihrer Familie oder ihrem Hund etwas Schreckliches geschehe. Auch ihre 14-jährige Freundin fiel auf das perfide Treiben des Sextäters herein und wurde ebenso Opfer seines sexuellen Wahns. Bei ihm zu Hause, in einer stillgelegten Kneipe seines Vaters sowie auch auf öffentlichen Plätzen wurden die erpressten Mädchen anschließend über ein Jahr hinweg von dem Täter missbraucht. Das perverse Ausmaß der Sexpraktiken reichte hierbei von Oral-, Anal- und Vaginalverkehr, bis zu erzwungenen lesbischen Handlungen der zwei Opfer untereinander. Mehrmals wurde der Missbrauch durch den Täter gefilmt, beziehungsweise mussten sich die Mädchen dabei selbst filmen.
Keine verminderte Schuldfähigkeit durch Alkoholabhängigkeit
Die Verteidigung setzte von Anfang an auf die Alkoholabhängigkeit von "Joe". Durch vorherige Verurteilungen wegen beispielsweise Gewaltdelikten oder Trunkenheit im Verkehr, bekam der zweifache Vater bereits eine Haftstrafe, welche mit einer Unterbringung in eine Entziehungsanstalt gekoppelt war. Trotz der Führungsaufsichtsauflage, abstinent von Drogen und Alkohol zu leben, griff "Joe" wieder zu berauschenden Substanzen. Die Taten, welche von langer Hand geplant und auch im nüchternen Zustand durchgeführt wurden, hatten jedoch mit der Abhängigkeitserkrankung des 30-Jährigen nichts zu tun, weshalb hier auch keine verminderte Schuldfähigkeit oder eine Alkoholtherapie nach §64 StGB in Betracht kam.
Die Schuld suchte die Verteidigung nicht nur beim Täter, sondern vor allem auch bei den Eltern der Opfer. Diese hätten laut dem Verteidiger viel früher bemerken müssen, dass beim Kontakt mit "Joe" etwas nicht stimme. So wäre die 12-Jährige nach einem Wochenende bei ihrem Onkel etwa immer montags der Schule fern geblieben. Auch der Naivität der Opfer gegenüber der "Miss Pentagon"-Geschichte schob der Anwalt eine Mitschuld zu. So diskreditierte die Verteidigung die missbrauchten Mädchen und deren Angehörige, konnte jedoch nicht wirklich etwas vorbringen, was den Angeklagten entlastete.
Sexuelle Störung und pädophile Neigung
Das forensische Gutachten von Dr. Schwerdtner vom Bezirksklinikum Mainkofen gab tiefen Einblick in die psychische Gestörtheit des Johann "Joe" G. Die Alkoholabhängigkeit brachte auch Schwerdtner nicht mit den Taten in Verbindung. Viel mehr sei eine schwere sexuelle Abartigkeit, sexuelle Störungen und pädophile Neigungen ausschlaggebend für die Taten des Triebtäters. Seine dissoziale Persönlichkeitsstörung und besonders hohe kriminelle Energie zeigt sich vor allem auch darin, dass er das Vertrauen seiner minderjährigen Nichte scham- und gewissenlos ausnutzte. Während der Taten, in denen er die Mädchen als bloße Sexobjekte angesehen hat, waren ihm auch der Verlust seiner Familie und Ehe egal. Er drohte als "Miss Pentagon" ebenfalls, dass seinem zweijährigen Kind etwas geschehen würde, wenn die Mädchen nicht willens wären, die bestialischen "Aufgaben" genauestens zu erfüllen. Laut dem forensischen Doktor sind auch sexuelle Rückfälle zu erwarten, wodurch er beispielsweise eine Sicherungsverwahrung zum gegenwärtigen Zeitpunkt befürwortet.
Trotz Geständnis kein Zeichen der Reue
Am letzten Verhandlungstag war auch die missbrauchte Nichte am Prozess. Diese musste den Gerichtssaal mehrmals unter Tränen verlassen, was deutlich aufzeigt, wie die Vorfälle an ihr nagen. Allgemein zehrte die Verhandlung merklich sehr an der Familie, welche als Nebenkläger auftrat. Auch wenn der Angeklagte am ersten Verhandlungstag – wohl aus Kalkül – ein Geständnis ablegte, so fehlte den Prozessbeteiligten und Beobachtern ein aufrichtiges Zeichen der Reue. Als Abschlussworte wählte "Joe" – wohl ebenfalls aus Kalkül – dann doch eine kurze Entschuldigung und die Hoffnung, dass ihm seine Familie irgenwann vergibt, jedoch zeigte sein Verhalten über die Prozesstage hinweg ein anderes Bild. Kopfschüttelnd hörte er die Anklageschrift an, und während die Mutter des 14-jährigen Opfers aussagte, hatte der Triebtäter stets ein leichtes Grinsen auf den Lippen. Die fehlende Reue und das nicht vorhandene Mitgefühl, war auch Teil des Plädoyers der Nebenklage.
Härtere Strafen für Kinderschänder!
Festzuhalten bleibt, dass es sich bei Johann "Joe" G. um einen dissozialen und durchweg kriminellen Triebtäter handelt, bei welchem man davon ausgehen kann, dass er auch zukünftig keine Gelegenheit auslassen wird, seine abartigen Triebe auszuleben. Von diesem Aspekt her ist es unverantwortlich gegenüber der Gemeinschaft, wenn er jemals wieder aus einer Vollzugsanstalt entlassen wird. Die optional verhängte Sicherungsverwahrung muss also auf jeden Fall vollzogen werden. Sollte er jedoch vorzeitig oder nach den abgebüßten acht Jahren wieder auf freien Fuß gesetzt werden, hat die Justiz in der BRD wieder einmal nach Strich und Faden vollends versagt.
Man darf gepannt sein. Der lasche Umgang mit Sexualstraftätern zeigte sich jedoch bereits im "Pentagon Prozess". Wären die Missbrauchstaten einzeln bestraft worden, hätte der Angeklagte knapp 50 Jahre erwarten können. Durch den Zusammenzug der Taten sowie einem "Deal" mit der Verteidigung aufgrund des Geständnisses, wurden daraus lächerliche acht Jahre – die Opfer und deren Angehörige haben hingegen lebenslang!
Siehe auch:
Erster Verhandlungstag: Angeklagter gesteht!
Zweiter Verhandlungstag: Keiner will was mitbekommen haben
Dritter Verhandlungstag: Verteidigung diskreditiert Opfer