Wetzlar: Stadt verweigerte zu Unrecht Stadthalle

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Vor fast zwei Jahren wollte die NPD im hessischen Wetzlar im Lahn-Dill-Kreis in der dortigen Stadthalle eine Wahlkampfveranstaltung mit Musik abhalten. Obwohl am Tag der Veranstaltung das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe die Stadt Wetzlar anwies, die Stadthalle der NPD zur Verfügung zu stellen, verweigerte diese den Nationaldemokraten den Zutritt zur Halle und ließ somit die Veranstaltung platzen. Zur Begründung berief sich die Stadt auf angeblich nicht eingehaltene Mietbedingungen. So hätten eine ausreichende Haftpflichtversicherung und ein Sanitätsdienst gefehlt. Das Verwaltungsgericht in Gießen hat nun entschieden, dass das Verhalten der Stadt Wetzlar rechtswidrig war, da der geforderte Sanitätsdienst mit 38 Einsatzkräften überzogen war. Das von der NPD gestellte Personal von fünf Sanitätern sei ausreichend gewesen, urteilten die Richter. Auch ein ausreichender Haftpflichtversicherungsschutz habe vorgelegen.
Ob nach diesem Urteil der Stadt irgendwelche rechtlichen Konsequenzen drohen, ist noch völlig offen. Eventuell könnte nun eine Schadensersatzklage auf den Weg gebracht werden.

Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus!

Nach Beschwerde seitens der NPD beim BVerfG vor zwei Jahren forderte dieses das hessische Regierungspräsidium als zuständige Kommunalaufsicht auf, das Verhalten der Stadt zu untersuchen und ggf. Konsequenzen gegenüber der Stadt Wetzlar und ihrem Oberbürgermeister folgen zu lassen (z.B. aufsichtsrechtliche Maßnahmen). Auch der hessische Richterbund kritisierte die Entscheidung der Stadt Wetzlar und sah eine „nicht zu unterschätzende Gefahr für unser Gemeinwesen“, schließlich sei die Stadt verfassungsrechtlich dazu verpflichtet gewesen, die NPD auftreten zu lassen.
Das Regierungspräsidium in Darmstadt entschied trotz offenkundigem Rechtsbruch seitens der Stadt Wetzlar, dass diese und damit auch Oberbürgermeister Manfred Wagner keine rechtlichen Konsequenzen zu befürchten haben, denn schließlich habe die Stadt in einem Dilemma gesteckt und es sei ja auch für die Stadt unklar gewesen, „welche Konsequenzen sich im Fall von veranstaltungsbedingten Sach- und Personenschäden ergeben und wer die möglichen Folgen zu verantworten und zu tragen hat“. Außerdem habe die Stadt am Tag der geplanten Veranstaltung situationsbedingt unter Druck entscheiden müssen und letztendlich sei man sich nach einer Erörterung mit Bürgermeister Wagner sicher, dass richterliche und höchstrichterliche Entscheidungen von ihm respektiert und umgesetzt würden.

Wen verwundert es aber, dass ein Regierungspräsidium, das ja schließlich einer Regierung untersteht, welche der Stadt Wetzlar volle Unterstützung in der Verhinderung der NPD-Veranstaltung zugesagt hat, hier kein Fehlverhalten des Oberbürgermeisters sieht und somit auch keine aufsichtsrechtlichen Maßnahmen folgen lässt.
Der FDP-Abgeordnete, Frank Blechschmidt, formulierte in seiner Rede im hessischen Landtag treffend: Was „sind Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes künftig wert?“
Nicht mehr viel, wenn man sich den Fall Wetzlar näher betrachtet. Sollte dieses Verhalten und das Ausbleiben einer rechtlichen Konsequenz Schule machen, dann dürften in Zukunft auch diverse öffentliche Versammlungen trotz erfolgreicher Klage beim BVerfG nicht durchgeführt werden können, weil Kommunen als zuständige Versammlungsbehörde sich weigern, das gesprochene Recht in die Tat umzusetzen.

1 Kommentar

  • Hoch lebe unsere Demokratie!
    An dieser Demokratie, in diesem runtergekommenen Land gibts nicht zu rütteln. Alle schreien nach Demokratie und die, die am lautesten schreien haben eine eigene. Sehr glaubwürdig das Alles.
    Wilhelm

    Wilhelm 09.09.2019
  • Auf welche Verfassung beruft sich dieses Gericht eigentlich? Nächster Punkt: Ich würde fast darauf wetten, daß es im umgekehrten Fall SEHR teuer geworden wäre, hätte sich irgendein Bürgermeister zum Beispiel dagegen ausgesprochen, daß SPD, Die Linke oder B90/Grüne irgendwo zusammen kommen und eine nette Zeit haben. Unnötig zu erwähnen, daß vor dem Gesetz alle gleich sein sollten (was auch stets behauptet, aber nie konsequent umgesetzt wird) – und auch sonst passt dieses ächtenswerte Verhalten wie die berühmte Faust aufs Auge zur heutigen Gesellschaft samt ihrer glorreichen, freiheitlichen BRD-Demokratie. Man könnte allerdings glauben, daß das „Demo“ nicht mehr vom griechichschen Demos, also Volk, herrührt, sondern eher mit dem englischen Wort „demon“ gleichzusetzen ist.

    Thomas G. 08.09.2019
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