Nachdem Aktivisten der AG Körper und Geist bereits im Juni dieses Jahres ein Waldläufer–Wochenende für die AG Jugend durchführten, kam auch bei vielen älteren Aktivisten der Wunsch nach einem derartigen Ausflug auf. So fand man sich am letzten Novemberwochenende 2021 zusammen, um gemeinsam durch den mitteldeutschen Wald zu ziehen.
Wie schon bei dem Waldläufer-Wochenende für die AG-Jugend mussten auch hier verschiedene Aufgaben bewältigt werden. Neben Orientierung mit Karte und Kompass, Lagerbau, Erste-Hilfe und Bergetechniken sorgte vor allem die geplante Gewässerüberquerung für etwas Stirnrunzeln bei einzelnen Teilnehmern. Um jegliche Ablenkung zu vermeiden, ließ man die Mobiltelefone, bis auf eines für den Notfall, in den Autos.
Nachtwanderung über Stock und Stein
Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt ging es am Freitagabend in leichtem Schneetreiben los. Um die Nachtsichtfähigkeit der Augen zu erhalten, war auf Licht nach Möglichkeit zu verzichten. War Beleuchtung dennoch nötig, zum Beispiel, um die Landkarte zu lesen, so benutzte man Rotlicht. Auf einem kleinen Berg angekommen bot sich ein interessanter Anblick. Der offenbar vom Borkenkäfer geschwächte Fichtenbestand fiel den letzten Stürmen zum Opfer und so war die Bergkuppe relativ kahl. Die tiefhängenden Wolken spiegelten die wenigen Lichter einer etwa 5 Kilometer entfernten kleinen Ortschaft und des Mondes derart stark wider, dass man meinen könnte, Flutlichtscheinwerfer würden die Bergkuppe beleuchten. Etwas unterhalb des Berges, wieder im dichteren Wald, fand die Gruppe am Rande einer Schonung einen passenden Lagerplatz. Schnell waren ein paar Planen als Sicht- und Regenschutz aufgespannt und es konnte eine warme Mahlzeit über dem kleinen Feuer bzw. der Gasflamme zubereitet werden.
Für die Nacht erfolgte die Einteilung von je zwei Personen für je eine Stunde „Wache“, um aufzupassen. Es galt einerseits, die Gruppe vor Überraschungen zu bewahren, andererseits auch als kleine Herausforderung, die kommenden zwei Tage trotz etwas weniger Schlafes durchzustehen. Auch die Eindrücke, die man während seiner durchwachten Zeit im nächtlichen Wald sammeln kann, sind immer recht eindrucksvoll. So konnte hier zum Beispiel auch um etwa halb vier Uhr morgens eine Gruppe von etwa sechs Wildschweinen beobachtet werden, die sich dem Lagerplatz näherte. Die Schweine kamen auf etwa 20 Meter heran und konnten mit bloßem Auge gegen den Schnee auch verhältnismäßig gut gesehen werden. Nach ein paar Händeklatschern zogen die Wildsäue es jedoch vor, sich einen anderen Essensplatz zu suchen.
Orientierung im Gelände
Am nächsten Morgen gab es nach einem gemeinsamen Frühstück erst einmal eine Theoriestunde zu Karte & Kompass. Die Orientierung hiermit gerät mit der Allgegenwärtigkeit von GPS leider immer mehr in Vergessenheit. Ob aus Bequemlichkeit oder der Scheu vor angeblich komplizierten Verfahren, die Fähigkeit zum Kartenlesen oder der natürliche Orientierungssinn ist bei vielen Menschen in Mitteleuropa heutzutage verbesserungsfähig. Fällt dann das GPS-Signal aus oder ist der Akku des Geräts leer, macht sich schnell Hilflosigkeit breit. Um dieser Entwicklung entgegenzutreten und auch die „Angst“ vor der klassischen Art der Orientierung zu nehmen, gab es hierzu nach der Einweisung kleine Aufgaben. Verschiedene auf der Landkarte bestimmte Punkte mussten dann durch die Führung von je zwei Teilnehmern angesteuert werden. Als Hilfsmittel diente zusätzlich nur noch ein Kompass, auf dem beim Marsch durch bewaldetes Gebiet – gerade bei Bewölkung – nicht verzichtet werden sollte.
Um eine genaue Positionsbestimmung vorzunehmen, musste an einem Punkt auch eine Peilung genommen werden. Hierzu bot sich ein schöner Platz mit Aussicht auf eine nahe Ortschaft an. Nachdem durch das Fernglas der Kirchturm ausgemacht war, konnte hier mittels des Kompasses eine Peilung genommen werden. Der Schnittpunkt mit der auf der Karte eingezeichneten Auffanglinie, in diesem Falle einem Feldweg, auf dem sich die Gruppe befand, ergab so den genauen Standort.
Ad hoc Erste-Hilfe-Kurs
Auch ein kleiner Erste-Hilfe-Kurs stand auf dem Stundenplan für das Wochenende. Hierbei wurden die Teilnehmer jedoch ohne vorherige Theorie sprichwörtlich ins kalte Wasser geworfen. Schließlich sollte jeder auf diesem Gebiet Grundkenntnisse mitbringen. Die Fähigkeiten zur Leistung von Erste-Hilfe-Maßnahme erfolgte für die Teilnehmer überraschend, als einer der Leiter eine Ohnmacht simulierte und beim Laufen plötzlich zusammenbrach. Nach dem grundlegenden Body-Check und der Sicherstellung der Atmungsfähigkeit galt es, den Patienten zu transportieren. Angesichts des unwegsamen Geländes, mitten im Wald ohne Wege, nicht einfach. Aus einem Bundeswehr-Parka und zwei Stämmen fertigten die Teilnehmer eine Trage, während ein weiterer den „Bewusstlosen“ warm eingepackt betreute.
Die Trage erwies sich auch als praxistauglich, zumindest bis zu einem steilen Abhang. Nach dieser kleinen Einlage galt es noch andere Transportarten zu probieren und zu üben. Besonders das Aufnehmen von Personen im sogenannten Gamstragegriff erfordert die Einhaltung des richtigen Ablaufs, um mit den Patienten auf den Schultern auch aufstehen zu können.
Am zweiten Tag konnte noch während der Helligkeit der Lagerplatz bezogen werden. Zuvor musste ein steiler Anstieg bewältigt werden, doch im einsetzenden Schneetreiben spannten sich alsbald Ponchos und Planen über den auserkorenen Lagerplatz. In der Nacht gab es wieder ein kurzes Rendezvous mit einer Rotte Wildschweine, das aber ohne weitere Folgen blieb.
Eisbad mit Rucksack
Bevor am kommenden Morgen die Lagerstätte aufzuräumen war, erhielten die Teilnehmer eine Einweisung zur Gewässerüberquerung. Neben Grundlegendem zur Überquerung von Fließgewässern, deren Tiefe nicht bekannt ist, gab es noch Hinweise zum Schutz durch eine entsprechende Seilsicherung. Hinweise zum richtigen Atemtraining kurz vor dem Eintauchen in kaltes Wasser, was ja zu erwarten war, rundeten die Theorieeinheit ab. Bald war dann auch der Ort der Gewässerüberquerung erreicht. Sehr zur Beruhigung aller Teilnehmer handelte es sich hierbei nicht – wie morgens noch suggeriert – um die nahe Saale, sondern um einen kleinen ruhigen Weiher. Nichtsdestotrotz war da noch die Sache mit dem Rucksack, der ja auch mitmusste und die niedrige Wassertemperatur. Für die Rucksäcke und die Bekleidung galt es nun, unter Anleitung ein sogenanntes Poncho-Paket zu schnüren. Dabei wird der Rucksack, Schuhe und alles, was trocken bleiben soll, in den Regenponcho eingewickelt und das Ganze mit einem Stück Schnur verschlossen. Wer einen Biwaksack hatte, der verwendete einfach diesen, steckte dort alles hinein und verknotete das Kopfende.
Die ersten Schwimmer mussten noch das dünne Eis zerschlagen und so ging nach und nach jeder mit Sack und Pack ins kalte Wasser. Alle Rucksäcke blieben trocken. Lediglich etwas Ungeschick beim Öffnen des Pakets bescherte einem Wanderer ein leicht feuchtes Rückenteil. Abgetrocknet und wieder eingekleidet stellte sich auch schnell das erfrischende warme Gefühl, typisch nach einem Eisbad, ein. So ging es gut gelaunt und auch stolz auf das Geleistete durch den verschneiten Wald zurück zu dem Parkplatz.
Jeder wird wieder seine eigenen Eindrücke mit nach Hause nehmen. Allen gemeinsam bleibt eine schöne Erinnerung an das Erlebnis in der Natur. Gemeinsam mit allen Teilnehmer, von 16 bis 70 Jahren (!), hat man der Witterung getrotzt und alle gestellten Aufgaben gemeistert.
Saale?? Ihr habt doch nicht etwa gegen die Ausgangssperre verstoßen ihr schlimmen Finger 😀
Ganz große Klasse. Endlich wieder Web. Präsenz.
WoW nicht schlecht . Geht doch mal durch den Hambacher Forst und dokumentiert die Wesen die dort Natur Frevel begehen !