5. Welche historische Rolle spielt der Kosovo für die albanische Nation, um den sich zwischen Serbien und Albanien schon lange gestritten wird? Ist man aus albanischer Sicht mit dem aktuellen Status quo der „Republik Kosovo“, deren völkerrechtlicher Status umstritten ist, einverstanden oder beansprucht man das Gebiet für Albanien? Wie kam es überhaupt zum Kosovokrieg 1998/99?
Zunächst verweist die ATP auf das Gebiet, das allgemein als Kosovo bezeichnet wird, unter seinem alten Namen der proto-albanischen Etymologie: Dardanien. Dies reicht aus, um die historische Bedeutung Dardaniens für Albanien zu verstehen und dass das Gebiet Wurzeln hat, die älter sind als die 250-jährige serbische Herrschaft im Mittelalter, die übermäßig zum Stolz des serbischen Kleinnationalismus wurde.
Wie bereits erwähnt, war Dardanien ein altes Königreich der Antike, das die Gebiete des heutigen Albaniens und der „Republik Kosovo“ Nordgriechenland und Nordmazedonien unterwarf und von wo aus unsere Sprache und die sie sprechenden Menschen laut jüngsten Erkenntnissen von Gelehrten herstammen. Die Anwesenheit unserer Vorfahren in der Gegend wird auch durch Toponyme belegt, die heute in Kirchen oder Klöstern mit albanischen Namen (wie zum Beispiel „Sveti Arbanas“, was „Heiliger Albaner“ bedeutet) oder in Städten wie der serbischen Stadt Nish (den Gelehrten zufolge in die slawischen Sprachen über Proto-Albanisch eingegangen) erhalten sind , was bedeutet, dass eine Mehrheit der albanischsprechenden Personen dort anwesend war, als die Vorfahren der Serben um das 6. Jahrhundert in das Gebiet einwanderten.
Dardanien wurde zu Unrecht durch die serbische Betonung der Kosovo-Schlacht von 1389 außen vor gelassen: Ohne dies hätte sich die historische Forschung auf die mythischen Dardanier der Ilias (deren Vorvater Dardanus, Sohn des Zeus, die Stadt Troja und die trojanische Dynastie gründete, während er auch der Vorfahre der Gründer Roms war) und auf ihre Beziehungen zur Geschichte, Kultur, Ethnogenese usw. unserer balkanischen dardanischen Vorfahren konzentriert, um ganz Europa von dem besseren Verständnis der Wechselwirkung zwischen Mythos und Geschichte in den homerischen Gedichten profitieren zu lassen, die die europäische Identität prägten. So bleibt das Gebiet einerseits von dem serbischen Kosovo und seinem kleinlichen Nationalismus monopolisiert und von untergeordneter Bedeutung für Europa, während es andererseits mit dem albanischen Dardanien zu einem sehr wichtigen potenziellen Element der europäischen Identität als Ganzes wird, das es wiederzuentdecken gilt.
Apropos berühmte Schlacht im Kosovo im Jahr 1389: Serbiens unbedeutender Nationalismus stellt es so dar, dass Serbien in einem Feldkampf allein dem Osmanischen Reich gegenüberstand, aber tatsächlich kämpften die Serben an der Seite aller anderen Balkannationen, einschließlich der Albaner. Aus diesem Grund überlebte die Schlacht im Kosovo sowohl in albanischen als auch in serbischen Epen. Leider wurde ein Stück gemeinsamer Geschichte, das den Balkan gegen einen gemeinsamen außereuropäischen Eindringling vereinte, von der serbischen Legende in ein Ereignis verwandelt, bei dem ihr Anführer von einem Engel, der vor der Schlacht erschien, vor die Wahl gestellt wurde und den Sieg im Himmel statt über die Osmanen wählte (neben der symbolischen Bedeutung dieser Legende können wir sehen, wie abrahamitische Religionen einen Führer dazu drängen können, sein Volk zu 400 Jahren harter Fremdherrschaft zu verurteilen, um seinen Eigennutz zu fördern – „seine Seele zu retten“ – das wäre undenkbar gewesen für einen Heiden, da der Sieg im Himmel oder auf Erden in einer heidnischen Weltanschauung ein und dasselbe ist).
Dennoch wird die Rolle Serbiens in der Folgezeit oft im Schatten gelassen: Tatsächlich wurde Serbien der treueste Verbündete der Osmanen und stellte sich 1396 auf ihre Seite gegen die christlichen Kreuzfahrer in Nikopolis, der steinreiche serbische Führer George Branković verheiratete seine Tochter mit dem Sultan, ganz zu schweigen von der zweiten Schlacht im Kosovo im Jahr 1448 (viel wichtiger als die erste, weil die Ungarn kurz vor dem Erfolg standen, aber Verstärkung brauchten), verhinderte derselbe George Branković, dass sich die von Skanderbeg angeführte albanische Armee den Ungarn anschloss und stellte damit einen entscheidenden osmanischen Sieg in einer Schlacht sicher, die die Geschichte für immer hätte verändern können.
Um das Fehlen einer serbischen Präsenz in ihrer „Wiege“ vom Mittelalter bis heute zu rechtfertigen, versuchen die Serben, sich einen großen Austausch ihrerseits durch die Albaner vorzustellen (trotz ihres offiziellen staatlichen Programms „Kolonisierung des Kosovo/Kolonizacija Kosova“ Anfang des 20. Jahrhunderts, mit dem Ziel, die albanische Präsenz zu reduzieren und stattdessen Serben anzusiedeln). Aber die Serben sind sich nicht einmal darüber einig, wann die Albaner „ausgewandert“ und sie „ersetzt“ haben sollen: Manche sagen zwischen 1945 und 1989, manche sagen zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg und manche während der osmanischen Herrschaft.
Aber zwischen 1945 und 1989 war Albanien Europas Nordkorea: Niemand konnte rein und niemand konnte raus; zwischen den Weltkriegen ist auch eine dumme Antwort, denn als Albanien 1912 seine Unabhängigkeit erklärte, bat es um die Einbeziehung Dardaniens in Albanien auf der Grundlage der dortigen Autochthonie der Albaner, was jedoch von den Großmächten abgelehnt wurde (die territoriale Ungerechtigkeit wurde schließlich durch Italien und Deutschland während des Zweiten Weltkriegs mit der Wiedervereinigung Dardaniens mit Albanien beendet); und wie wir sahen, dass die albanischen vorslawischen Toponyme überlebten und sogar in die slawische Sprache eindrangen, waren Albaner bereits vor den slawischen Migrationen auf dem Balkan in Dardanien ansässig. Entgegen serbischer Erwartung waren Albaner also vor Türken und Serben in Dardanien. Diese Realität spiegelt sich in der heutigen Demografie wider (bestenfalls machten Serben historisch gesehen nie mehr als 25% der Einwohner Dardaniens aus), und da die Demografie Schicksal ist, war Dardanien dazu bestimmt, sich früher oder später von der serbischen Herrschaft zu befreien. Außerdem gelang es den Serben in der Region Vojvodina, eine große Ersetzung der ungarischen Mehrheit zu erreichen, und es ist vielleicht ihre Schuld und ihr Versäumnis, dies in Dardanien zu tun, was erklärt, warum sie die Albaner beschuldigen, das zu tun, was sie selbst den Ungarn angetan haben.
Wie auch immer, die unvermeidliche Befreiung von Serbien geschah im Konflikt von 1999, aber zu viele konzentrieren sich auf die Ereignisse der späten 1990er Jahre und sind sich daher nicht bewusst, dass die Wurzeln des Krieges fast 100 Jahre zurückreichen. Die englische Autorin Edith Durham erwähnt in ihren verschiedenen Büchern die Haltung der serbischen Armee während ihrer Eroberung Dardaniens im Jahr 1912. Ihre Beschreibungen, wie die serbische Armee den Luma-Stamm ausrottete, albanischen Frauen die Nase abschnitt usw. erklären, wo die antiserbischen Gefühle aus der albanischen Bevölkerung der Gegend herkamen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Dardanien seit 1912 versuchte, sich von der serbischen Herrschaft zu befreien: 1912, wie erwähnt, in den 1920er Jahren nach der Gründung Jugoslawiens während des Friedensvertrags von Versailles; im Zweiten Weltkrieg, als Deutschland und Italien Dardanien und Albanien wiedervereinten und in den späten 1980er Jahren, wo wir den wahren Beginn des zukünftigen Krieges von 1999 sehen können.
Tatsächlich war Dardania vor dem offenen Konflikt von 1999 bereits in den 1990er Jahren praktisch unabhängig von Belgrad, weil dort eine Parallelgesellschaft gegründet wurde. In den 1980er Jahren wurden drei große Schritte unternommen, die als „Große Versammlung“ bekannt sind: eine große Versöhnung zwischen allen Mitgliedern der Gesellschaft, eine heilige Vereinigung um die albanische Flagge, um das Land Dardanien und die albanische Identität zu verteidigen und das Ende aller Vendettas zwischen Albanern. So hatte Dardanien Ende der 1980er Jahre alle seine Verbindungen zum zentraljugoslawischen Staat gekappt: Die Albaner hörten auf, Steuern an einen zentralen Staat zu zahlen, der ihre ethnische Identität verleugnete und sie jeden Tag härter unterdrückte, sie organisierten ihre eigene Verwaltung, Krankenhäuser, Schulsystem, Polizeikräfte, Steuersystem usw. So hatte Dardanien den Krieg Ende der 1980er Jahre bereits praktisch gewonnen und was Ende der 1990er Jahre geschah, war ein verzweifelter Versuch, nach der gescheiterten Ansiedlung serbischer Kolonisten die direkte Kontrolle über Dardanien durch Jugoserbien zurückzugewinnen.
Wir nennen „Jugoserbien“ jugoslawischen Kommunismus, umbenannt in serbischen Nationalismus: Es ist der alte Trick des Kommunismus, auf patriotische Bilder zurückzugreifen, sobald er vom Tod bedroht ist, weil die Mobilisierung damit effektiver ist, als mit multiethnisch-sozialistisch-utopischen Bildern, wie Stalin es klug verstanden hat (daher ist der Zweite Weltkrieg heute in Russland als „Großer Vaterländischer Krieg“ bekannt). Und genau das taten damals die verantwortlichen serbischen kommunistischen Führer, indem sie den Konflikt in Dardanien als einen Kampf der Zivilisationen darstellten und nicht als einen Konflikt zwischen jugoserbischen Idealen und albanischem Nationalismus. Es ist eine Schande, dass so viele Europäer auf diese kommunistische Propaganda hereinfallen, während die Europäer die kommunistische Ausrichtung Belgrads richtig identifizierten und sich während der Kriege in Jugoslawien Anfang der 1990er Jahre auf die Seite Kroatiens stellten.
Interessanterweise sind die Parallelen zwischen Dardanien und der aktuellen Situation in Europa frappierend: Albaner in Dardanien wurden von einem feindseligen Zentralstaat bedroht, der sie als Bürger zweiter Klasse betrachtete, ihre Identität verleugnete und sie im großen Stil durch nicht-albanische Kolonisten ersetzen wollte, die mit parasitären Minderheiten verbündet waren (das Bündnis zwischen Serben und Zigeunern während des Krieges von 1999 ist berüchtigt). Und die Albaner wehrten sich und besiegten diesen feindlichen Staat, indem sie sich um nationalistische Werte sammelten und um jeden Preis ihre eigene ethnische Identität verteidigten. Alle Europäer sollten diese Errungenschaft als Inspiration betrachten, um ihre laufende Große Ersetzung und die feindliche Politik ihrer eigenen Staaten gegen sie erfolgreich abzuwehren. Tatsächlich ist es für sie ein besseres und inspirierenderes Beispiel als das serbische (das sich nur auf Niederlagen konzentriert, sei es 1389 oder 1999, und so zu einem giftigen Mythos für Europäer wird). Überraschenderweise scheint heute nur noch die albanische Sache als einzige wertvolle Inspiration für alle Europäer, die sich den kommenden Herausforderungen des 21. Jahrhunderts erfolgreich stellen wollen!
Aus allgemein albanischer Sicht ist der aktuelle Status quo der „Republik Kosovo“ in Ordnung, da sich viele Albaner im Kosovo eher als Bürger des „Kosovo“, denn als Bürger Serbiens betrachten, weil das eine mehr mit ihrer Identität im Einklang ist, als das andere. Doch die ATP ist mit dem aktuellen Status der „Republik Kosovo“ nicht einverstanden: Er verleitet zu viele Kosovaren dazu, von ihrer Unabhängigkeit zu träumen oder sich von Albanien zu distanzieren. Die Ansicht der ATP zu dieser Angelegenheit ist die gleiche, die seit 1912 von jedem Albaner vertreten wird, der diesen Namen verdient. Damals hätte der Fall ein für alle Mal abgeschlossen werden können, indem das Gebiet in das neue unabhängige Albanien aufgenommen hätte werden können, wie es der Wunsch aller dort lebenden Albaner war. Und der Fall kann heute abgeschlossen werden, indem die „Unabhängigkeit“ des Gebiets beendet und es mit Albanien wiedervereint werden könnte. Diese Antwort wird Serben und Kosovaren nicht gefallen, aber sie ist die einzige Lösung, um diese Grauzonensituation auf dem Balkan zu beenden.
Um diese Frage abzuschließen, basieren die albanischen Racheakte in Dardanien auf einer Blut- und Bodensymbiose: Wer sie ehrlich untersucht, kommt zu dem Schluss, dass die albanische Präsenz in Dardanien seit der Antike keinen Zweifel aufkommen lässt. Wenn diese objektive Wahrheit erst einmal feststeht, erklärt sie natürlich, warum und wie die Albaner heute in diesem Bereich die Mehrheit (92 %) stellen. Serbische Racheakte hingegen basieren auf abrahamitischen Konzepten, die von der materiellen und historischen Realität getrennt sind und so ist ihr Kosovo ein weiteres Jerusalem: ein „heiliger“ Ort außerhalb des eigenen Landes. Die ATP versteht, dass sich die Albaner Dardaniens in einem „unabhängigen“ Staat besser fühlen als als Teil Serbiens, aber wir betrachten die Vorstellung einer getrennten Republik Kosovo als etwas Gefährliches für die albanische Identität auf lange Sicht. Dardania sollte nicht unabhängig oder ein Teil Serbiens sein, sondern mit Albanien wiedervereinigt werden.
Über diesen konkreten Fall hinaus fördert die ATP die Idee einer umfassenden Neugestaltung der europäischen Grenzen auf der Grundlage sowohl der Geschichte als auch der demografischen Realität. Tatsächlich sind die gegenwärtigen Grenzen das Unheil des Versailler Vertrags von 1919 und waren die Saat für endlose tödliche Konflikte, die Europa in die Knie gezwungen und außereuropäischen Mächten geholfen haben, unseren Kontinent zu beherrschen. Sie zu wiederholen, indem man beispielsweise Dardania an Serbien gäbe, würde nur weitere Ressentiments hervorrufen und einen neuen Schwachpunkt in Europa schaffen, den außereuropäische Mächte ausnutzen könnten. Dies sollte zum Wohle aller Europäer vermieden werden, und die einzige Lösung besteht darin, Europa von allen potenziellen und tatsächlichen Grauzonen zu befreien, die aus dem Vertrag von Versailles entstanden sind und bis heute andauern.
Fortsetzung folgt in Teil 6…